Erinnerungen



Dirk Kuhlmann:

Mein Interesse am LOGIKUS ist vor etwas mehr als zwei Jahren unsanft wachgerüttelt worden, als ich feststellen mußte, daß meine Eltern in einer Entrümpelungsaktion meine ganze alte KOSMOS-Kollektion (Elektromann, Radiomann, XG, XS, XR, Logikus) dem Sperrmüll überantwortet hatten. So richtig beschweren konnte ich mich natürlich nicht - immerhin wohne ich seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr bei ihnen.

Aber gewurmt hat's mich doch. Überraschenderweise, wie ich hinzufügen muß, denn ich habe mich selbst immer als jemand gesehen, der nicht besonders an altem Krempel hängt. Aber hier war irgendwie ein Teil meiner Kindheit und Jugend auf kaltem Wege entsorgt worden. Die einsetzende Midlife-Crisis mag den Effekt verstärkt haben.

Jedenfalls wurde ich für ein paar Monate zum eBay-Junkie und habe während dieser Zeit nicht nur das meiste meiner alten Sammlung aus allen vier Windrichtungen zusammenersteigert, sondern auch so einiges, was ich mir damals mangels Penunze nicht leisten konnte. Ich denke da besonders an den Philips CL1601, aber auch an diverse exotische Baukästen US-amerikanischer Provenienz.

Irgendwann setzte dann die Vernunft wieder ein, und es machte sich ein wenig Ernüchterung breit sowie Einsicht, daß auch Wünsche ihre Zeit haben: Viele von ihnen verlieren ihren Glanz. Es ist einfach was anderes, ob man sich als kurzbehoster Jugendlicher monatelang die Nase an der Schaufensterscheibe eines Spielwarengeschäfts plattdrückt oder sich jenseits der Vierzig in einen Retro-Rausch steigert, der sich in Sammeltrieb entlädt und letztlich doch aus der Portokasse finanziert werden kann.

Dies zu den Gründen, mich nach Jahren mal wieder mit dem LOGIKUS zu beschäftigen. Ein Teil meiner geistigen Abrechnung mit diesem Kapitel meines Lebens bestand im Scannen und Erfassen der Handbücher. So haben wenigstens andere auch was davon, und Dateien nehmen keinen Platz in der Wohnung weg.

Wenn ich von »Abrechnung« geredet habe, dann nur halb im Scherz. Ich bin mir ziemlich sicher, dem KOSMOS-Verlag eine Art Protestnote geschickt zu haben. Dies geschah meiner Erinnerung nach, nachdem mir klargeworden war,daß die essentielle »intelligente« Komponente des Systems vor dem Chassis saß statt in ihm. Steht auch im Handbuch - »die Steuereinheit sind Sie selbst«, doch was für einen Unterschied das machte, ging mir erst mit der Zeit auf.

Einigermaßen erbost muß ich im Anschreiben auf den unabweisbaren Mangel an aktiven Bauelementen hingewiesen haben - nicht ohne auf das von Philips angebotene (für mich völlig unerschwingliche) Konkurrenzprodukt zu verweisen. Ob der KOSMOS-Verlag meinen Brief noch im Archiv hat? Oder habe ich das letzlich alles nur geträumt?

Ich glaube nicht. Zurück bekam ich ein sehr freundliches Schreiben, Tenor »Thema verfehlt«. Recht hatten sie im KOSMOS-Verlag, die Sachlage war schließlich schon im Vorwort des ersten Bandes abgehandelt worden. Aktiv = teurer, ein schlecht bestreitbares Argument angesichts des für den CL1601 verlangten und für meine damaligen Verhältnisse völlig astronomischen Preises (den LOGIKUS hatte ich als Gebrauchtexemplar erkungelt).

Doch der guten Gründe waren noch mehr: Der Verzicht auf aktive Komponenten erfolgte aus besten pädagischen Erwägungen heraus, denn wo man nicht hineingucken kann, das versteht man auch nicht. Aus der Entfernung von mehr als dreißig Jahren ist ja an diesem Argument in der Tat so einiges dran - das Wichtigste, was in Gang gesetzt werden sollte, waren schließlich die grauen Zellen, nicht die Schaltschieber! Trotzdem fühlte ich mich angesichts des vollständigen Fehlens von Automatik bei der Datenverabeitung damals einigermaßen über den Löffel barbiert. Irgendwas war hier faul, und sei es nur wegen des am Ende der Handbucheinleitung angestimmten, verdächtigen Tonfalls. Der war eine Spur zu jovial.

Mein Gefühl hat mich damals nicht getrogen, aber es hat lange gedauert, bis ich den Finger auf das legen konnte, was hier nicht stimmte. Davon aber ein anderes Mal...

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